Vielfältige Frömmigkeit
Religiöses Leben in Oberschwaben am Vorabend der Reformation
Die Tagung „Religiöses Leben in Oberschwaben um 1500“ in Weingarten unter der Leitung von Professorin Dr. Sigrid Hirbodian (Universität Tübingen), Professorin Dr. Sabine Holtz (Universität Stuttgart) und Dr. Petra Steymans-Kurz (Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart) beschäftigte sich mit einem Zeitraum, der von Bernd Moeller als „eine der kirchenfrömmsten Zeiten des Mittelalters“ bezeichnet wurde. In einem interdisziplinären Zugriff wurde der Facettenreichtum des religiösen Lebens in der vor-reformatorischen Zeit aus verschiedenen Perspektiven, etwa der geschichtswissenschaftlichen, der kunsthistorischen und der archäologischen, betrachtet. Die Tagung war in die Sektionen Klöster, Stadt und Land unterteilt.
In verschiedenen Vorträgen wurden jeweils Schlaglichter auf die unterschiedlichen Teilaspekte der Frömmigkeit geworfen. Deutlich wurde die Vielzahl an religiösen Akteuren, etwa Geistliche, bürgerliche und adlige Stifter und Dorfgemeinden. Auf dem Land, in der Stadt und in Konventen manifestierten sich die verschiedensten Ausprägungen von Frömmigkeit, ewige Stiftungen ebenso wie einmalige Schenkungen und religiöse Lebensformen in diversen Institutionen, etwa in Spitälern und Seelhäusern in der Stadt oder in regulierten und nicht-regulierten Stiften. Nicht nur auf das Diesseits, sondern auch auf das Jenseits gerichtete Frömmigkeit wurde thematisiert, wenn etwa die Memoria bzw. das Totengedenken zur Sprache kamen. Auch die Frage, inwiefern die Religiosität die Landschaft prägte, wurde diskutiert.
Als Ergebnis der Tagung fasste Sigrid Hirbodian zusammen, es handle sich in der vorreformatorischen Zeit nicht um einen ‚Verfall‘, wie die Betrachtung aus der Retrospektive der Reformation suggeriere. Vielmehr zeige sich am Beispiel Oberschwabens eine deutliche Präsenz des Religiösen in unterschiedlichster Hinsicht. Die lebhaften Diskussionen zeigten das große Interesse an der Thematik, mögliche weitere Forschungsfelder wurden herausgearbeitet.
Veranstalter der Tagung waren die Gesellschaft Oberschwaben für Geschichte und Kultur und die Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Gefördert wurde die Tagung von der Stiftung Oberschwaben. Interessierten Studierenden wurde die Möglichkeit gegeben, über ein Stipendium des Fördervereins der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart die Kosten der Tagung erstattet zu bekommen.
Daniel Pfeifer, Tübingen